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Jedes Jahr steht am 29. Mai mit dem World Digestive Health Day ein Tag vor der Tür, der sich voll und ganz deiner Verdauung und deiner Gesundheit widmet. Dabei lohnt es sich, auch einen Blick auf die Milliarden von Bakterien, Viren & Co zu werfen, die deinen Darm besiedeln. Denn diese kleinen Mitbewohner bestimmen dein Wohlbefinden entscheidend mit. Wenn dein Darm nämlich nicht mehr in Balance ist, kann das vielfältige Auswirkungen wie Durchfall, Übergewicht und sogar Depressionen haben – vor allem wenn dieses Ungleichgewicht über einen langen Zeitraum besteht. Das Gute ist, du kannst Einiges tun, um deine Darmflora zu unterstützen und so dein Wohlbefinden zu verbessern.

Der Darm - ein unterschätztes Organ!

Schon Giulia Enders hat es in ihrem Bestseller „Darm mit Charme“ gewusst: Der Darm als wichtiges menschliches Organ und sein Einfluss auf unser Wohlbefinden wird massiv unterschätzt. Dabei ist die Oberfläche des Magen-Darm-Trakts die größte Oberfläche unseres Körpers und hat eine direkte Verbindung zur Außenwelt. Um dich vor der Flut des täglich am Darm vorbeiströmenden Materials zu schützen, tummeln sich neben schützenden Immunzellen Milliarden von kleinen Helfern in deinem Verdauungsorgan – deine sogenannte Darm-Mikrobiota oder Darmflora.

Der Begriff Darmflora kommt übrigens von „Flora = die Pflanzenwelt“ und hat seinen Ursprung in dem Irrtum, dass Bakterien früher dem Pflanzenreich zugeordnet wurden. Heute weiß man, dass interessanterweise keine Pflanzen in deinem Darm zu finden sind, sondern eine große Vielfalt an Bakterien, Viren Pilzen und anderen kleinen Einzellern. Daher sprechen Experten heute von deiner „Mikrobiota“ oder deinem „Mikrobiom“.

Insgesamt bringt es dein Darm auf eine beeindruckende Länge von etwa 7 Metern! Das ist nur möglich, weil er in sogenannten Darmzotten aufgefaltet ist, wodurch sich seine Oberfläche auf etwa 400 Quadratmeter vergrößert. Dadurch passt er nicht nur hervorragend in deinen Bauch, sondern stellt sich auch als Wunderwerk der Verdauung, als intelligentes Abwehrsystem und unverzichtbarer Nährstofflieferant dar. 

Dabei ist dein Darm ein autonomes Organ, er arbeitet also komplett selbstständig

„Wenn man den Darm aus dem Körper herausnehmen und in eine Schale legen würde, dann würde er Tag für Tag genau das gleiche machen, was er auch im Körper macht“ (Professor Dr. Michael Schemann).

Dass dein Darm trotz dieser Selbstständigkeit eine Verbindung zu deinem Gehirn hat, ist daher umso überraschender. Dabei müsstest du das eigentlich fühlen! Die berühmten Schmetterlinge im Bauch, wenn wir verliebt sind oder wenn uns eine unangenehme Situation auf den Magen schlägt – was du als dein Bauchgefühl kennst, nennen Wissenschaftler deine Darm-Hirn-Achse.  

Dein Darm-Mikrobiota, oder auch intestinale Mikrobiota, hat dabei einen entscheidenden Einfluss. Über Botenstoffe des darmeigenen Nervensystems – auch enterisches Nervensystem genannt - beeinflussen deine kleinen Mitbewohner Signale in deinem Gehirn und bestimmen ganz entscheidend mit, was du fühlst oder wie gestresst du bist.

Tatsächlich kann unsere Darm-Mikrobiota aber noch viel mehr, denn sie hilft bei der Abwehr von Krankheitserregern, produziert Vitamine wie Vitamin K und trainiert das Immunsystem junger Abwehrzellen.

Die Darm-Mikrobiota – Milliarden kleiner Helfer

Tatsächlich siedeln im ganzen Verdauungstrakt Mikroorganismen, dabei ist der obere Dünndarm vergleichsweise dünn besiedelt. In Richtung Dickdarm nimmt die Bakteriendichte allerdings immer mehr zu – und dort ist sie auch am höchsten.

Experten gehen davon aus, dass dein Darm von etwa 1500 unterschiedlichen Bakterienarten besiedelt wird, die meisten davon sind überaus nützlich für dich. Dabei ist etwa ein Drittel deiner Darmbakterien bei allen Menschen ähnlich, zwei Drittel sind für dich charakteristisch und stellen deinen mikrobiellen Fingerabdruck dar.

Du hast mit deiner speziellen Darm-Mikrobiota eine sogenannte mutualistische Beziehung, was bedeutet, dass beide Seiten einen Nutzen davon haben. Du bietest deinen Mitbewohnern ein Zuhause, während sie dich in deinem Wohlbefinden und deiner Gesundheit unterstützen. Während wir aber ohne unsere Darmbewohner nicht überleben könnten, ist das Überleben der Mikroorganismen keineswegs von uns als Menschen abhängig.

Zu den erwünschten Bakterien in deinem Darm zählen zum Beispiel Laktobazillen und Bifidobakterien. Du kennst sie vielleicht besser unter dem Namen Milchsäurebakterien.

Interessanterweise gibt es auch Bakterien, die „fakultativ pathogen“ sind, also unter bestimmten Bedingungen durchaus schädliche Folgen für dich haben können. Dazu gehört zum Beispiel Clostridum difficile, ein Bakterium, das ein normaler Bestandteil deiner Darm-Mikrobiota ist. Vermehrt der Keim sich zu stark, kann er schwere Durchfälle verursachen. Das bedeutet also, ob dich bestimmte Bakterien krank machen, liegt nicht unbedingt am Keim, sondern auch an den Bedingungen, die in deinem Darm vorherrschen. 

Das schadet deiner Darm-Mikrobiota!

Du merkst bestimmt schon, wie wichtig deine Darm-Mitbewohner für dich sind. Wenn deine Mikrobiota gesund ist, ist auch alles gut. Aber was bedeutet das denn eigentlich genau – gesunde Darmflora oder Mikrobiota?

Unter normalen Umständen ist deine Darm-Mikrobiota in Balance. Das bedeutet, dass wichtige und „gute“ Bakterien in einer großen Vielfalt vorhanden sind und schädliche durch die „guten Helfer“ in ihrer Anzahl begrenzt werden. Leider kann diese Balance durch viele Dinge gestört werden und es kann eine sogenannte „Dysbiose“, also ein Ungleichgewicht, entstehen.

Zu den Störfaktoren gehören unter anderem:

  • eine ungesunde Ernährung
  • bestimmte Medikamente wie Antibiotika, Blutdrucksenker oder Protonenpumpenhemmer gegen Reflux (aus dem Magen in die Speiseröhre zurückfließende Magensäure)
  • häufiger Stress
  • zu hoher Zigaretten-, Alkohol- sowie Koffeingenuss,
  • zu wenig Bewegung,
  • zu viel Zucker,
  • Darminfektionen.

Und diese Liste zeigt nur die bekanntesten Faktoren. Das Ausmaß an potentiellen Störungen ist groß. Kein Wunder also, dass Probleme mit der Darmflora so häufig sind.

Frau sitzt im Schneidersitz vor einer grauen Wand und hält eine Lupe vor ihren Bauch.

Bei Darmproblemen muss man oft genau hinschauen.

Woran du erkennen kannst, dass du vielleicht bereits Probleme mit deinen intestinalen Bakterien hast, sind folgende Symptome:

  • Durchfall
  • Bauchschmerzen, Völlegefühl oder Blähungen
  • Darmentzündungen oder gereizter Darm
  • Nahrungsunverträglichkeiten
  • Müdigkeit und Erschöpfung
  • Kopfschmerzen
  • Geschwächtes Immunsystem
  • Unreine Haut oder Neurodermitis

Auch wenn sich sowohl Störfaktoren als auch Symptome durchaus beängstigend anhören können, es gibt Einiges was du tun kannst, um deine Darm-Mikrobiota zu unterstützen. Je mehr man sich in der Forschung mit der Mikrobiota beschäftigt, desto mehr weitere Krankheiten und Symptome kommen auf diese Liste. Bestimmte Autoimmunerkrankungen, Allergien, eine schlechte Impfreaktion und sogar Depressionen können mit einer unbalacierten Mikrobiota im Zusammenhang stehen. 

So baust du deine Darmflora wieder auf – Tipps für eine gesunde Darmflora

Der Begriff „Darmflora aufbauen“ oder „Darmsanierung“ ist dabei eigentlich nicht korrekt, denn deine Darmflora/Mikrobiota lässt sich nicht mal eben einfach umbauen. Was du aber tun kannst ist, sie zu unterstützen, dass sie sich schneller regeneriert und ihre ursprüngliche Zusammensetzung wieder annimmt. Um das zu erreichen solltest du zuerst einmal schauen, welche störenden Einflüsse du für deine Darmbakterien vermeiden kannst

Folgende Tipps können dir zudem helfen, deiner Mikrobiota neuen Schwung zu verleihen:

Ernährungsumstellung

Wenn du feststellst, dass du zu einer ungesunden Ernährung neigst, kannst du durch Anpassungen deiner Lebensmittelauswahl bereits Einiges tun. Tierische Fette, zu viel Zucker und ballaststoffarme Lebensmittel gehören dann nur noch selten auf deinen Teller. 

Bestimmte Lebensmittel enthalten hingegen sogenannte Probiotika. Das sind lebende Mikroorganismen, die gesundheitsfördernde Effekte auf deine Mikrobiota haben können. Diese „guten“ Bakterienstämme siedeln sich kurzzeitig in deinem Darm an und unterstützen deine Darmbakterien bei ihrer Arbeit. Zu den probiotischen Lebensmitteln gehören:

  • Milchprodukte wie Joghurt oder Kefir
  • Sauerkraut
  • Apfelessig
  • Bestimmte Käsesorten wie Gouda, Cheddar oder Parmesan
  • Kombucha (ein fermentierter Tee)
  • Miso (eine japanische Gewürzpaste)
  • Kimchi (fermentiertes koreanisches Gericht).

Probiotika gibt es zudem auch in Form von Kapseln, Tabletten, Pulver und Co. in deiner Apotheke.

Mann steht vor dem Spiegel und begutachtet seine Haut.

Eine fehlende Balance im Darm kann sich auch auf deine Haut auswirken.

Deine Darmbewohner freuen sich aber auch über bestimmte Nahrungsmittel, die Präbiotika genannt werden. Sie gehören zu den Ballaststoffen und bieten deinen guten Bifidobakterien im Darm hochwertige Nahrung. Dadurch vermehren sie sich exzellent in deinem Darm und wirken sich so positiv z.B. auf deine Verdauung oder auf pathogene Keime aus. 

Du findest diese unlöslichen Ballaststoffe z.B. in:

  • Vollkornprodukten
  • Brokkoli 
  • Kohl
  • Spargel
  • Artischoken
  • Zwiebeln
  • Bananen
  • Leinsamen oder Haferflocken.

Prä- und Probiotika gibt es auch bereits in Kombination. Diese werden als Synbiotika bezeichnet und bestehen meist aus einem oder mehreren Bakterienstämmen und einem Präbiotikum (z.B. Inulin oder Fructo-Oligosaccharide). Die Kombination soll den Probiotika die Magen-Darm-Passage und die Ansiedlung im Darm erleichtern.

Wenn Sauerkraut, Kimchi, Kohl und Co allerdings nicht auf deinem normalen Speiseplan stehen, hilft dir vielleicht eine Einkaufsliste, damit du im Supermarkt sicher weißt, wozu du greifen wolltest. Wenn du diese Lebensmittel dann auch noch frisch zubereitest, verzichtest du auf Zusatzstoffe, die deine Darmbakterien zum Teil nicht gut vertragen. Um Deinen Darm zu schonen fängst du am besten schrittweise an. Eine radikale Umstellung von fett- und zuckerreichem Fastfood auf eine vegane Vollwertkost mit vielen ungewohnten Ballaststoffen und probiotischen Bakterien vom einen Tag auf den nächsten überfordert deinen Darm. Deswegen gehst du am besten planvoll vor und erweiterst deinen Speiseplan um darmgesunde Lebensmittel. Ganz wichtig: es soll dir auch schmecken! Auch die für deinen Darm gesündeste Ernährung bringt nichts, wenn du sie nicht durchhalten kannst, weil es dir nicht schmeckt.

Umstellung deines Lebensstils

Wie fast immer, wenn es um die Gesundheit geht, ist nicht nur ein Faktor ausschlaggebend.  Neben einer ausgewogenen Ernährung benötigen deine Bakterien weitere liebevolle Zuwendung. So genießen sie - genauso wie du - viel Schlaf und Bewegung, dass beugt z.B. Stress vor. Denn Stress mögen deine kleinen Mitbewohner gar nicht. Das ist auch der Grund, warum uns Stress oft auf den Magen schlägt.

Der Einfluss von Antibiotika auf deine intestinale Mikrobiota 

Hast Du auch schon einmal erlebt, dass du während oder nach einer Antibiotikum-Einnahme Durchfall bekommst? Das ist nicht selten, denn Durchfall ist eine häufige Nebenwirkung vieler Antibiotika. Abhängig vom eingesetzten Antibiotikum entwickeln etwa 5 bis 40% aller Patienten sogenannte Antibiotika-assoziierte Durchfälle (AAD)

Antibiotika sind zwar sehr sinnvoll bei einigen bakteriellen Erkrankungen, unterscheiden aber leider nicht zwischen krankmachenden und „guten“ Bakterien im Darm. Natürlich werden nicht alle Deine guten Darmbewohner geschädigt, dennoch kann es dazu kommen, dass bestimmte Bakterien, die wichtig für deinen Darm sind, deutlich dezimiert werden. Die dadurch verursachte Schädigung deiner intestinalen Darm-Mikrobiota erlaubt anderen krankmachenden Keimen wie Clostridium difficile zu wachsen und so teils schwere Durchfälle zu verursachen. Du kannst dir das so vorstellen, dass die oben erwähnten Lücken in der Darmflora, die von einigen guten Bakterien der Darmflora hinterlassen werden, sehr leicht von Clostridien oder anderen Bakterien ausgefüllt werden. 

Wusstest Du übrigens, dass sich deine Darmflora auch sanieren kann, wenn du mit dem Rauchen aufhörst? Wissenschaftlich konnte nämlich gezeigt werden, dass die Vielfalt der Darmflora nach dem Rauchstopp wieder zunimmt.

Um diese Nebenwirkung des Antibiotikums zu verhindern oder abzuschwächen, können dir möglicherweise Probiotika helfen. In Studien konnte gezeigt werden, dass die Einnahme bestimmter probiotische Bakterienstämme das Auftreten von Durchfall nach Antibiotika-Einnahme reduzieren kann. Sprich am besten mit deinem Arzt oder Apotheker, er kann dir das für dich sinnvollste Produkt empfehlen.

Eine Schale mit Joghurt steht auf einer Holzoberfläche. Ein Löffel schöpft daraus.

Probiotika sind auch in Lebensmitteln wie Joghurt enthalten und können deiner Darmflora helfen.
Auch die Einnahme von Präbiotika wie Inulin kann bei Durchfall sinnvoll sein, denn dieses gehört zu den Lieblingsspeisen deiner guten Darmbewohner. Aber aufgepasst, größere Mengen Präbiotika werden nicht von allen Menschen gleich gut vertragen und können zu Blähungen und Bauchschmerzen führen. Daher solltest testen, welche Präbiotika und wie viel davon du gut verträgst

Zusammenfassung: Darmflora aufbauen – so bringst du deinen Darm in Schwung

Dein Darm ist weit mehr als nur ein Verdauungsorgan! Er verdaut unsere Nahrung, produziert wichtige Stoffe wie z.B. Vitamin K und wehrt erfolgreich krankmachende Keime ab. Bei all diesen heldenhaften Aufgaben wird er von Milliarden kleiner Helfer unterstützt – deiner intestinalen Mikrobiota. Leider wird dieses Zusammenspiel durch viele Faktoren wie Stress, Medikamente, schädliche Genussmittel oder ungesunde Ernährung gestört. Die Folgen können schwerwiegend sein und reichen von Verdauungsbeschwerden, über Diabetes bis hin zu Depressionen. Gut ist, dass du mit einigen Tipps zu Ernährung, Lifestyle und Medikamenten viel für deine kleinen Mitbewohner tun kannst, um deinen Darm wieder in Schwung zu bringen.

Quellen:

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Medizinisch geprüft durch
Dr. rer. nat. Dinah Murad 

Dr. Dinah Murad fungiert als unabhängige medizinische Beraterin an der Schnittstelle von Wissenschaft und Marketing. Darmgesundheit ist für sie ein unterschätztes, aber überaus wichtiges Thema. Sie verantwortet die medizinische Prüfung aller Inhalte für unsere Leser.

Geschrieben von
Dr. Silke Nahde  

Dr. Silke Nahde ist promovierte Mikrobiologin, war als Fachreferentin Zentrales Nervensystem beim Arzneimittelhersteller AstraZeneca tätig und leitete interne sowie externe medizinische Trainings für das Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline Consumer Healthcare. Sie unterstützt Digestio seit dem Launch als Stammautorin.