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Hautpflege bedeutet auch Darmpflege, davon ist Prof. Dr. Michaela Axt-Gadermann überzeugt. Im Interview erklärt die Medizinerin, warum ein gesunder Darm schöne Haut fördert, welchen Einfluss die Ernährung aufs Altern hat und welche Faktoren unsere Haut am meisten belasten.

Interview mit Prof. Dr. Michaela Axt-Gadermann

Schöne Haut und ein gesunder Darm: Hängt das eine mit dem anderen zusammen?

Prof. Dr. Michaela Axt-Gadermann: Ja, zwischen Haut und Darm bzw. den darin lebenden Mikroorganismen besteht tatsächlich eine sehr enge Verbindung. Bei sehr vielen Hauterkrankungen findet man typische Veränderungen der Darmflora, aber auch der Hautflora. Oft gehen diese Störungen des Mikrobioms Hauterkrankungen sogar um Monate bis Jahre voraus, wie man in unterschiedlichen Studien nachweisen konnte. Das weiß man von Erkrankungen wie Neurodermitis, Rosazea, aber auch von Asthma oder Übergewicht.

Eine Schädigung des Mikrobioms zum Beispiel durch Antibiotika, schlechte Ernährungsgewohnheiten oder zu viel Hygiene hat negative Auswirkungen auf das Immun-, Nerven- und Hormonsystem des Körpers. Diese zeigen sich aber nicht schlagartig, sondern entwickeln sich schleichend. Die Folgen dieser „Dysbiose“ machen sich deshalb mit Verzögerung bemerkbar. Und die Auswirkungen sind nicht nur im Darm zu spüren, sondern beziehen den gesamten Organismus und somit auch die Haut mit ein.

Auf der anderen Seite hat die Darmflora natürlich auch positive Effekte auf unsere Haut. Darmbakterien produzieren Vitamine wie das Haut- und Haarvitamin Biotin oder andere B-Vitamine. Sie können die Bildung von Antioxidantien, Hyaluronsäure, Milchsäure oder Ceramiden, also alles Stoffen, die man eigentlich eher in Kosmetikprodukten vermuten würde, anregen. Bestimmte probiotische Bakterien sind z.B. in der Lage, sensible Haut zu beruhigen.

Sie sprechen die Hautflora an. Welche Bedeutung hat sie für die gesunde Haut?

Dr. Axt-Gadermann: Nicht nur unser Darm, auch unsere Haut ist mit nützlichen Bakterien dicht besiedelt. Ist diese Lebensgemeinschaft, die so genannte Hautflora, in Balance, dann geht es unserer Haut gut. Sie ist dann vor der Ausbreitung unerwünschter Keime geschützt, kann sich gut regenerieren, der Säureschutzmantel und die Hautbarriere sind intakt, wodurch mehr Feuchtigkeit in der Haut gespeichert werden kann.

Doch ähnlich wie das Darmmikrobiom kann auch das Hautmikrobiom geschädigt werden. Zu häufiges Duschen, falsche Körperpflege oder auch hier zu viel Hygiene oder Antibiotika setzen dem Hautmikrobiom zu. In der Folge können sich dann unerwünschte Bakterien ausbreiten. Das ist bei Akne der Fall oder möglicherweise auch bei Neurodermitis. Bei letzterem breitet sich ein bestimmter Keim, der so genannte „Staphylokokkus aureus“, übermäßig aus.

Eine Studie hat gezeigt, dass die Ekzeme und der Juckreiz umso schlimmer sind, je mehr dieser Bakterien auf der Haut leben. Bisher gab es wenige Möglichkeiten, diese Mikroorganismen schonend und wirkungsvoll zu beseitigen. In einer eigenen Studie konnten wir nachweisen, dass sich diese gefährlichen Bakterien mit Hilfe einer Hautkur mit lebenden probiotischen Bakterien innerhalb von zwei Wochen um mehr als 80 Prozent reduzieren lassen.

Angenommen jemand hat Hautprobleme und möchte wissen, ob die Ernährung Schuld daran sein könnte? Was kann die Person tun, um das herauszufinden?

Dr. Axt-Gadermann: Man kennt inzwischen verschiedene Ernährungsverhalten und auch bestimmte Lebensmittel, die bestimmte Hauterkrankungen verschlechtern können. Um herauszufinden, ob eine Hauterkrankung evtl. durch die Ernährung beeinflusst wird, hilft ein Ernährungstagebuch, in dem man alles einträgt, was man so isst und gleichzeitig den Hautzustand mit Schulnoten bewertet. Oft lassen sich dann nach ein paar Wochen Muster feststellen. Wichtig: Oft dauert es ein, zwei Tage, bis Nahrungsmittel sich auf den Hautzustand auswirken, also immer auch mal schauen, was nach ein, zwei Tagen passiert.

Im nächsten Schritt sollten als „verdächtig“ identifizierte Lebensmittel für ein paar Wochen weggelassen und der Hautzustand weiter beobachtet werden. Wenn sich die Haut nach drei bis vier Wochen nicht bessert, ist es eher unwahrscheinlich, dass diese Lebensmittel etwas mit der Hauterkrankung zu tun haben.

Besteht der Verdacht auf Nahrungsmittelallergien, dann kann auch ein Allergietest sinnvoll sein. Hier empfiehlt sich die Durchführung eines so genannten RAST-Tests (IgE-Antikörper). Die häufig angebotenen IgG-Tests sind wenig aussagekräftig.

Doch ein Allergietest ist aber nicht immer sinnvoll oder notwendig. Die Verschlechterung einer Akne durch Milchprodukte oder einer Rosazea oder Schuppenflechte durch scharfes Essen wird nicht durch eine allergische Reaktion verursacht, sondern unterliegt anderen Mechanismen, die sich nicht einfach im Blut überprüfen lassen.

Welche Lebensmittel sollte man ihrer Meinung nach meiden, wenn man Wert auf ein gesundes Hautbild legt?

Dr. Axt-Gadermann: Hier gibt es allgemeine und spezielle Empfehlungen. Prinzipiell sind fett- und kohlenhydratreiche Gerichte wie Fast-Food, viele (nicht alle) Fertiggerichte, Süßigkeiten oder Softdrinks nicht optimal für unsere Haut. Sie liefern in der Regel zu wenige hautfreundliche Nährstoffe und können Entzündungen fördern.

Bei manchen Hauterkrankungen konnte man aber inzwischen auch einzelne Nahrungsmittel identifizieren, die bei vielen Betroffenen, aber nicht bei allen, die Symptome verschlechtern können. Bei einigen Akne-Patienten sind das vor allem Milchprodukte und Nahrungsmittel mit einem hohen glykämischen Index, also zum Beispiel Weißmehlprodukte, Süßigkeiten und Softdrinks.

Haut- und Darmexpertin Prof. Dr. Michaela Axt-Gadermann

Prof. Dr. Michaela Axt-Gadermann kennt sich mit den Zusammenhängen zwischen Darmgesundheit und schöner Haut bestens aus.

Scharf gewürzte Gerichte, heiße Speisen oder Getränke und Alkohol – selbst in kleinen Mengen – lassen häufig eine Rosazea „aufblühen“. Auch Schuppenflechtenpatienten reagieren oft auf scharfes Essen und Alkohol mit einer Verschlechterung des Hautzustandes.

Bei Neurodermitis bestehen häufig, aber nicht immer, Nahrungsmittelallergien. Vor allem Milchprodukte, Eier, Fisch, Produkte mit Weizen- oder Roggenmehl, Soja und bestimmte Obstsorten sowie Gewürze enthalten Substanzen, auf die viele mit Allergien reagieren. Diese sollten bei einem positiven Test gemieden werden.

Welche Lebensmittel würden sie empfehlen, besonders oft zu essen, um eine gesunde Haut zu bekommen?

Dr. Axt-Gadermann: Wissenschaftler haben versucht herauszufinden, was Menschen essen, die jünger aussehen. Doch das ist gar nicht so leicht zu sagen, denn die Studien, die das untersucht haben, unterscheiden sich teilweise enorm.

Prinzipiell lässt sich jedoch aus den Ergebnissen schließen, dass eine ausgewogenen Ernährung mit vielen Antioxidantien, die zum Beispiel in Beeren, intensiv gefärbtem Gemüse, dunkler Schokolade, Kaffee und Espresso, grünem Tee, Gewürzen wie Kurkuma und Rosmarin enthalten sind, gesunden Fettsäuren aus Rapsöl, Leinöl, fettem Fisch wie Lachs, Thunfisch, Hering, Makrele, wenig Zucker und ausreichend Eiweiß die Grundlage für eine schöne Haut darzustellen scheint.

Wie ernähren Sie sich persönlich? Was sind ihre Lieblingsgerichte für eine schöne Haut?

Dr. Axt-Gadermann: Ich versuche mich sehr abwechslungsreich zu ernähren mit viel frischem Obst, Gemüse und Vollkornprodukten. Für eine schöne Haut ist aber auch eine ausreichende Eiweißzufuhr wichtig, denn Proteine liefern die Ausgangsstoffe für Kollagene und elastische Fasern und die sorgen für straffes Gewebe. Es gibt zudem bestimmte Nahrungsmittel, von denen man weiß, dass sie etwas für unsere Haut tun.

Hier kommt noch eine gute Neuigkeit für Liebhaber besonders dunkler Schokolade: In einer Studie, in der Probanden drei Monate lang dunkle Schokolade mit sehr hohem Polyphenolanteil verzehrten, hat sich deren Feuchtigkeitsversorgung der Haut erhöht und sogar kleinere Fältchen sind verschwunden. Glücklicherweise esse ich die sehr gerne. Es gibt sogar welche mit 99% oder 100% Kakaoanteil. Aber Vorsicht: Bei handelsüblicher Milchschokolade funktioniert das aufgrund des zu niedrigen Polyphenolanteils natürlich nicht.

Außerdem trinke ich regelmäßig grünen Tee und esse Obst und Gemüse, das hautschützende Carotinoide enthält wie Karotten, Wassermelone, grünes Blattgemüse, Süßkartoffeln oder Tomatenprodukte. Übrigens: Man muss das alles nicht roh essen: Eine Tomatensoße liefert zum Beispiel mehr und besser verwertbare Carotinoide als frische Tomaten.

Wie viel Einfluss kann man wirklich mit seiner Ernährung auf seine Haut nehmen? Wo liegt die Grenze, ab der man zu anderen Maßnahmen, wie Kosmetikprodukten oder Arzneimitteln greifen sollte?

Dr. Axt-Gadermann: Mit Hilfe der Ernährung lassen sich kurzfristige und langfristige Effekte erzielen. Eine britische Studie zeigte, dass durch den reichlichen Verzehr karotinoidreicher Obst- und Gemüsesorten innerhalb von vier bis sechs Wochen der Teint eine attraktivere Farbe bekommt. Auch bei Hautproblemen kann man, wenn bestimmte Nahrungsmittel mitverantwortlich für die Symptome sind und man diese weglässt, innerhalb von vier bis acht Wochen eine Besserung erzielen.

Andere Effekte, wie die Verzögerung von Alterserscheinungen, brauchen mehr Zeit. Hier zahlt sich ein gesunder Lebensstil in jungen Jahren oft erst im mittleren Alter aus. Eine große britische Studie mit mehr als 4000 Teilnehmern zwischen 40 und 74 Jahren wies nach, dass diejenigen, die sich besonders Vitamin-C-reich ernährten, auffällig weniger Falten aufwiesen. Ähnliches gilt auch für karotinoidreiche Nahrungsmittel.

Vergleicht man bei 50-Jährigen die Menge an Falten und Altersflecken und setzt diese dann in Bezug zum Antioxidantien-, vor allem mit dem Carotinoidgehalt der Haut, dann lässt sich ganz klar nachweisen, dass Menschen, die eine hohe Schutzstoffkonzentration in der Haut haben, deutlich weniger Falten und Furchen aufweisen als die weniger gut versorgten Studienteilnehmer.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass Menschen, die bewusst auf ihre Ernährung achten, in der Regel weniger rauchen, weniger Alkohol trinken und auch sonst auf Ihre Gesundheit achten. All diese Parameter üben ebenfalls einen starken Einfluss auf die Hautgesundheit aus.

Dennoch sind auch Kosmetikprodukte wichtig. Bei Kosmetik und Ernährung sollte eigentlich kein „entweder-oder“, sondern eher ein „sowohl-als-auch“ gelten. Ernährung und Pflege ergänzen sich gegenseitig, wenn es um eine gesunde Haut geht.

Sonnenschutzprodukte sind zum Beispiel enorm hilfreich, da UV-Licht einer der stärksten Hautalterungsbeschleuniger ist. Mit Kosmetika lassen sich zudem Schutzstoffe wie Vitamin C, Vitamin E oder Pflanzenextrakte der Haut zuführen.

Was hat mehr Einfluss auf das Hautbild, die Ernährung oder Pflegeprodukte?

Ein deutsches Dermatologenteam überprüfte, wie sich die Spiegel von Schutzstoffen unterscheiden, wenn solche Antioxidantien entweder von außen als Creme, von innen als Nahrungsergänzungsmittel oder kombiniert zugeführt werden. Das Ergebnis war eindeutig: Die eindeutig besten Werte erzielte man, wenn man Antioxidantien sowohl einnahm als auch auftrug. Bei alleiniger Kosmetikanwendung ließ sich zwar recht schnell eine hohe Antioxidantienkonzentration in der Haut erzielen, nach Beendigung der Anwendungen war der Schutzstofflevel aber schon nach zwei Wochen wieder stark abgesunken.

Die Antioxidantien werden durch Waschen, Textilkontakt und durch die natürliche Abstoßung der Hornzellen schnell wieder aus der äußeren Schicht entfernt beziehungsweise durch UV-Licht abgebaut. Das gilt natürlich auch für andere Kosmetikinhaltsstoffe.

Wurden hingegen Antioxidantien nur von innen zugeführt, dann legte der Körper ein Depot im Gewebe an und gab die Schutzstoffe nach und nach mit Schweiß und Talg an die Hautoberfläche ab. Dadurch hielten die Effekte – auch nachdem keine weiteren Nahrungsergänzungsmittel eingenommen wurden – noch fünf Wochen an.

Allerdings lagen die Spiegel bei alleiniger innerlicher Einnahme niedriger als in der „Innen-außen-Kombination“ und es dauerte auch länger, bis die Nährstoffe in die Haut gewandert waren.

Welche Faktoren können unserem Hautbild sonst noch schaden?

Dr. Axt-Gadermann: Natürlich ist der Lebensstil ganz wichtig. Rauchen, Sonnenbaden, Schlafmangel und Dauerstress lassen die Haut schneller altern. Das ist schon lange bekannt. Doch aktuelle Studien konnten noch weitere Faktoren aufdecken, die der Haut schaden.

Umweltschadstoffe wie Ozon, Ruß und Feinstaub beschleunigen den Kollagenabbau und fördern die Entstehung von Falten und unregelmäßiger Hautpigmentierung. Deshalb ist vor allem für „Stadtmenschen“ wichtig, die Haut abends gründlich zu reinigen.

Japanische Forscher haben in einer Studie einen interessanten Effekt beobachtet: Blaues Licht von Handys, Tablets und PC-Bildschirmen schien in ihrer Untersuchung die Haut ähnlich zu schädigen wie UV-Licht. Und zwar zeigte sich in der Untersuchung, dass Blaulicht die Bildung freier Radikale in der oberen Hautschicht steigerte. Grundsätzlich sind freie Radikale für eine vorzeitige Hautalterung mit verantwortlich.

Mit ein paar kleinen Änderungen an den Einstellungen der „mobilen Endgeräte“ kann man die Strahlenbelastung aber enorm senken. Durch spezielle Blaulichtfilter werden Bildschirme und Displays deutlich hautschonender.

Schauen Sie bei den Einstellungen, ob Ihre Geräte auf „NightShift“, „Dark Mode“ oder „Nachtmodus“ geschaltet werden können. Diese Einstellung sollten Sie auch tagsüber wählen. Der Bildschirm wird dann etwas oranger, da der Blaulichtanteil herausgefiltert wird.

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