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Im Interview beschreibt Julia Gruber, wie du gesunde Ernährung in deinen Alltag integrieren kannst, und erklärt, welche gesundheitlichen Chancen das Home Office bietet. Außerdem verrät dir die Ernährungsexpertin ihr Lieblingsrezept, falls es mal schnell gehen muss.
Julia Gruber ist Ernährungscoach und Darmexpertin. Nachdem sie zusammen mit ihrem Mann über 15 Jahre eine Praxis im Bereich Ernährungscoaching und Darmgesundheit geführt hat, konzentriert sie sich jetzt vor allem auf ihren Podcast Darmglück und den gleichnamigen Online Kurs, mit denen sie ihren Zuhörern und Kunden unter anderem dabei hilft, sich im Alltag gesund zu ernähren.
Aus ihrer Praxiserfahrung ist sie überzeugt davon, dass Gesundheit ein ganzheitliches Gebilde aus Ernährung, Darmgesundheit und Lebensstil ist. Wenn Maßnahmen wie anti-entzündliche Ernährung, Förderung einer gesunden Darmflora, Bewegung, Schlaf, Gedankenhygiene und Stressreduktion gleichzeitig angewandt werden, ist es erstaunlich, was selbst in kurzer Zeit für ein Gewinn an Lebensqualität erzielt werden kann.
Interview mit Julia Gruber über gesunde Ernährung im Alltag und Home Office
Frau Gruber, woher kommt Ihre Begeisterung für das Thema gesunde Ernährung und warum hat es Ihnen ausgerechnet der Darm so angetan?
Julia Gruber: Ursprünglich komme ich aus dem Hotelfach, also war immer schon eine Liebe zu gutem Essen und hochwertigen Lebensmitteln da. Zum Beruf Ernährungscoach bin ich durch meinen Mann gekommen, der bereits eine Ernährungscoaching-Praxis hatte, als ich ihn kennengelernt habe.
Die Begeisterung fürs Thema Ernährung ist dann wirklich durch die manchmal fast unglaublich scheinenden Erfolge meiner Kunden gekommen. Als ich eine Methode entdeckte, die einfach und schnell umsetzbar war, sind auf einmal Rückmeldungen gekommen, dass meine Kunden innerhalb kürzester Zeit wieder mehr Energie hatten, sich leichter fühlten, besser schliefen, weniger oder sogar keine Schmerzen mehr hatten. Das subjektiv bessere Gefühl war dann auch objektiv belegbar, indem Blutwerte sich verbesserten, die wir zum Glück von Anfang an immer mit in die Beratungen einbezogen hatten.
Aufs Thema Darm sind wir dann vor über zehn Jahren gestoßen und er ist das zentrale Puzzlestück für einen ganzheitlichen Zugang zur Gesundheit. Der Darm ist unsere Mitte, unsere Wurzel. Er ist der Ort, wo unsere Nährstoffe aufgenommen werden, wo Hormone und Neurotransmitter hergestellt werden. Er ist zu einem großen Teil Sitz unseres Immunsystems und ist über die Darm-Hirn-Achse eng mit unserem Gehirn verbunden. Kein anderes Organ reagiert so unmittelbar auf unsere Gedanken, Gefühle und zum Beispiel auch auf Stress wie der Darm.
Deshalb haben alle Zivilisationskrankheiten und vor allem auch alle chronischen Geschehnisse wie Asthma, Heuschnupfen, Autoimmunerkrankungen oder Hautprobleme auch immer etwas mit dem Darm zu tun.
Wichtig ist mir aber zu betonen, dass Sie, wenn Sie wirklich langfristig gesund sein oder werden wollen, einen ganzheitlichen Ansatz brauchen. Ich sehe die gesunde Ernährung im Alltag und insbesondere die Darmgesundheit als Eingangstor, welches Ihnen ermöglicht, sich ganz schnell (manchmal innerhalb von Tagen, manchmal dauert es ein paar Wochen) so viel besser zu fühlen, dass Sie wieder in der Lage sind, sich um die für Sie wichtigen Lebensbereiche zu kümmern.
Denn nicht nur das Essen nährt uns, sondern auch Dinge wie unsere Beziehungen, die Zufriedenheit am Arbeitsplatz, körperliche Betätigung, Hobbies, Weiterbildung und persönliche Weiterentwicklung.
Wer ständig traurig, voller Schmerzen, erschöpft oder kränklich ist, hat aber gar nicht die Kraft, sich um diese Lebensbereiche zu kümmern. Deswegen finde ich Ernährung so entscheidend wichtig, weil sie uns wieder zurück in unsere Kraft bringt.
Es gibt Lebensmittel, die unter dem Namen Superfoods vermarktet werden. Was halten Sie davon und welche Lebensmittel hätten Ihrer Meinung nach den Begriff „Superfoods“ wirklich verdient?
Gruber: Ich kann mit dem Begriff nicht so sonderlich viel anfangen, weil er für mich nach Marketing und Hype klingt. Die meisten Nahrungsmittel, die als Superfoods angepriesen werden kommen von weit weg und suggerieren, dass der alleinige Verzehr einen schon gleich gesünder macht.
Wenn überhaupt würde ich folgende Nahrungsmittel als „Superfoods“ bezeichnen:
Regionale, saisonale naturbelassene Lebensmittel, die nachhaltig und ohne giftige Pestizide angebaut wurden oder tierische Produkte aus artgerechter und Medikamente-freier Haltung.
Dass Zucker nicht gut für uns ist, wurde den meisten von uns schon in der Kindheit vermittelt. In den letzten Jahren steht aber auch Weißmehl immer mehr in der Kritik. Was halten Sie davon? Ist Weißmehl genauso schlimm wie Zucker?
Gruber: Da würde ich Ihnen gerne ein bisschen widersprechen: Ich glaube nicht, dass es den meisten Menschen bewusst ist, wie schlimm Zucker ist, respektive warum er so schlecht ist. Sonst würden nicht die Mengen an Süßgetränken und Süßigkeiten verkauft, wie es der Fall ist.
Die Ähnlichkeit zwischen Zucker und Weißmehl ist, dass Weißmehl sehr schnell vom Körper aufgespaltet werden kann und somit dazu führt, dass der Zuckerspiegel im Blut relativ schnell und auch relativ hoch ansteigt, wie das beim Verzehr von Zucker ja ebenfalls eintritt.
Je höher der Zuckerspiegel steigt, desto mehr Insulin produziert Ihr Körper. Dieses Insulin senkt den Zuckerspiegel schnell wieder und es kann zu Unterzucker führen, der sich zum Beispiel in Form von Heißhunger zeigt. Essen Sie ständig zu viel Zucker oder auch Weißmehlprodukte können langfristige Folgen für manche Menschen Insulinresistenz, ständiger Hunger, Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, erhöhte Blutfettwerte, Bluthochdruck, Übergewicht, geschwächtes Immunsystem, erhöhte Allergiebereitschaft und noch so einiges mehr sein.
Gruber: Beim Weißmehl kommt noch erschwerend hinzu, dass es sich meistens um Weizenmehl handelt. Und dieser Weizen enthält neben Gluten auch noch Gliadin, welches bei einigen Menschen Unverträglichkeiten hervorruft. Gluten kann außerdem zu einem sogenannten durchlässigen Darm (Leaky-Gut-Syndrom) beitragen. So ein durchlässiger Darm kann dann Unverträglichkeiten, entzündliche Prozesse und eine Überreaktion des Immunsystems zur Folge haben.
Von daher empfehle ich durchaus, Weißmehl oder generell glutenhaltiges Getreide nur in kleinen Mengen zu sich zu nehmen. Hierfür lohnt es sich, ehrlich zu sich selbst zu sein und einmal aufzuschreiben, wie oft man es konsumiert. Nicht selten essen Menschen vier bis fünf Mal Gluten pro Tag (z.B. morgens ein Knuspermüsli, vormittags ein paar Dinkelcracker, Mittags ein Stück Brot zum Essen oder ein Sandwich, nachmittags einen Keks oder ein Stück Kuchen und abends Nudeln als Beilage).
Übrigens mag ich das Wort „schlimm“ nicht besonders, denn letztlich kommt es auf die Menge und Häufigkeit und auch auf den Gesundheitszustand einer Person an. Wer absolut gesund, schlank und leistungsfähig ist, kann bestimmt mit einer gewissen Menge Zucker und Weißmehl umgehen.
Viele Menschen möchten sich gesund ernähren. Doch in der Praxis ist das leider oft nicht so einfach, vor allem wenn man Vollzeit arbeitet und vielleicht sogar noch Kinder hat. Welche Tipps haben Sie, um gesunde Ernährung in den Alltag zu integrieren?
Gruber: Ich glaube, es ist einfacher als viele denken.
Hilfreich ist sicherlich, nicht zu kompliziert zu denken. Kochen Sie Gerichte mit wenigen Zutaten und davon ruhig auch mal die doppelte Menge, damit Sie zweimal davon essen können.
Nicht besonders beliebt, aber äußerst effizient ist es, sich am Wochenende einen Menüplan für die kommende Woche zu erstellen. Das erleichtert das Einkaufen und entlastet Sie auch geistig, weil Sie dann nicht am Feierabend noch darüber nachdenken müssen, was Sie kochen wollen.
Zeit sparen können Sie auch, indem Sie Ihr Essen online bestellen. Viele Supermärkte bieten diese Dienstleistung bereits an. Es erspart Ihnen die Fahrt, die Schlange an der Kasse und das Zusammensuchen der Lebensmittel. Außerdem wirkt es Spontankäufen entgegen, die meistens nicht wirklich gesund sind und außerdem noch Ihren Geldbeutel schmälern.
Ein weiterer Tipp ist der Einsatz von Küchenhelfern, wie zum Beispiel ein Slow Cooker, wo Sie morgens alle Zutaten hineinlegen können und abends, wenn Sie nach Hause kommen, haben Sie ein tolles fertiges Gericht, das Sie sofort essen können.
Wenn man es aber einfach nicht schafft, regelmäßig gesund zu kochen, z.B. aufgrund eines randvollen Terminkalenders. Lohnt es sich dann trotzdem, sich dazu zu zwingen, oder ist der zusätzliche Stress, den man sich dabei macht, nicht am Ende sogar noch schädlicher als ein Fertigprodukt?
Gruber: Zeit hat man nicht, Zeit nimmt man sich. Das klingt jetzt brutal, aber für das, was Sie als wichtig erachten werden Sie Zeit finden.
Mein Vorschlag für Menschen, die vermeintlich keine Zeit für gesundes Essen haben ist, sich zuerst einmal zu fragen, was gute Gründe dafür sein könnten, sich gut um sich selbst zu kümmern. Für konzentriertes, kreatives und effizientes Arbeiten ist eine gute Ernährung übrigens Grundvoraussetzung.
Im nächsten Schritt könnten Sie sich einmal Ihren Terminkalender mit frischen Augen anschauen und sich fragen: Wo gibt es Dinge, die unnötig viel Zeit kosten? Könnte ich Aufgaben delegieren oder vielleicht sogar ersatzlos streichen? Brauche ich vielleicht mehr Zeit fürs Erledigen meiner Tätigkeiten, weil ich ungeplant und kopflos vorgehe, müde und lustlos bin oder tausend Dinge gleichzeitig tue?
Und im letzten Schritt empfehle ich, die Freude am Kochen (wieder) zu erlangen. Menschen, die sich „zwingen“ müssen, gesund zu kochen, sind meistens Menschen, die von sich sagen, dass sie nicht kochen können oder keine Lust dazu haben. Lernen Sie ein paar einfache und gesunde Rezepte, die Ihnen leicht von der Hand gehen. Holen Sie sich vielleicht sogar Hilfe, um sich so ein Grundrepertoire an Gerichten anzueignen. Mit ein wenig Übung ist es möglich, in 20 Minuten ein gesundes und schmackhaftes Essen auf den Tisch zu kriegen, das Ihnen Energie liefert, anstatt Ihnen Energie zu rauben.
Fertiggerichte enthalten oftmals viel Zucker, Salz und Fette und nur wenige wichtige Nährstoffe. Damit liefern sie meist nur leere Kalorien. Wer auf eine bewusste Ernährung Wert legt, sollte sie daher vermeiden.
In den letzten Monaten mussten viele Menschen aus dem Home Office aus arbeiten. Welche Chancen und Risiken sehen Sie in dieser Entwicklung für die Gesundheit?
Gruber: Chancen sehe ich auf jeden Fall in der Zeitersparnis, denn ich würde jetzt mal schätzen, dass die meisten Arbeitnehmer so mindestens eine Stunde Weg pro Tag sparen, wenn sie ehrlich rechnen. Diese Stunde können Sie super für Ihre Gesundheit einsetzen, indem Sie gesund kochen, vielleicht auch mal ein wenig Stretching in der Mittagspause oder Meditation am Feierabend machen.
Gerade die Möglichkeit, selber kochen zu können und nicht auf Kantinenessen oder Take-Away angewiesen zu sein, empfinde ich als großen Pluspunkt. Somit haben Sie es selbst in der Hand, gut für Ihren Körper zu sorgen und sich im Alltag gesund zu ernähren.
Positiv finde ich auch, dass Sie sich Ihr Arbeitsumfeld gesund gestalten können und es selber in der Hand haben, ob Sie Süßigkeiten, Snacks oder Süßgetränke überhaupt im Haus haben wollen. Vielen Menschen fällt gesunde Ernährung nämlich dann besonders schwer, wenn Kollegen ihre ungesunden Gewohnheiten ausleben und sie eben nicht die einzigen sein wollen, die gegen den Strom schwimmen. Zuhause können Sie Ihr Ding machen, ohne Sticheleien oder gar Aufforderungen, doch einfach mal eine Ausnahme zu machen.
Gruber: Aus darmgesundheitlicher Sicht könnte ich mir auch vorstellen, dass es vielen Menschen leichter fällt, zu Hause auf Toilette zu gehen und sich das große Geschäft nicht zu verkneifen. Verstopfungen entstehen nicht selten dadurch, dass es Menschen peinlich ist, den Stuhlgang auf einer Toilette zu tätigen, die mit anderen geteilt wird. Auch wurde mir schon von Kunden berichtet, dass es vom Arbeitgeber nicht gerne gesehen würde, wenn sie zu oft zur Toilette gingen und sie deswegen angefangen hätten, möglichst wenig zu trinken.
Als Hundebesitzerin sehe ich noch den Vorteil, dass Sie den ganzen Tag mit Ihrem Hund zusammen sein können, was sich im Normalfall wiederum sehr positiv auf Ihren Stresspegel auswirken wird.
Gefahren sehe ich einerseits im Bereich der Psyche, dass nämlich vielen Menschen zu Hause die Decke auf den Kopf fällt und auch der soziale Austausch fehlt.
Verführerisch könnte auch sein, das Mittagessen vor dem Fernseher zu verbringen, was für die Verdauung nicht wirklich förderlich ist. Unbewusstes Essen führt oft dazu, dass Sie zu viel essen und auch die Verdauungsleistung nicht ihre volle Kraft entfaltet.
Home Office kann ebenfalls bewirken, dass Sie vergessen, regelmäßig Pausen zu machen und auch, dass die Bewegung zu kurz kommt.
Würden Sie uns ein einfaches, gesundes Rezept verraten, das man schnell im Alltag zubereiten kann?
Gruber: Lachen Sie mich jetzt bitte nicht aus, aber wenn es im Alltag wirklich mal schnell gehen soll, dann mache ich ein Rührei mit Gemüse und frischen Kräutern. Also zum Beispiel Champignons, Zwiebeln, Zucchini, Paprika, alles sehr klein geschnitten anbraten, Thymian oder Rosmarin dazugeben, mit hochwertigem Steinsalz würzen und zwei verrührte Eier darüber geben und garen, bis das Ei gestockt ist. Wenn Sie das Ganze morgens im Ofen backen können Sie das sogar mit ins Büro nehmen und kalt essen. Wer mag kann es noch mit einem Salat ergänzen.
Ich weiß, das klingt jetzt nicht nach einem ausgeklügelten Rezept, aber mein Credo ist tatsächlich, so einfach wie möglich zu kochen, dann dauert es nämlich auch nicht lange. Den Pfiff bekommen Sie mit Gewürzen oder Kräutern in Ihr Gericht.
Trauen Sie sich, ganz simpel mit hochwertigen Zutaten zu kochen und Sie werden Spaß haben am guten Geschmack und dem leichten Gefühl nach dem Essen.
TAGS: Ernährung Interviews
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