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Wir können sie nicht mit bloßem Auge sehen und doch würden wir ohne sie nicht überleben: Unsere Darmbakterien. Schließlich bestimmen sie die Gesundheit des Menschen maßgeblich mit. So unterstützen sie die Verdauung und schützen das Immunsystem. Bei Erkrankungen wie Diabetes, Depression, Übergewicht oder sogar Darmkrebs ist die Zusammensetzung der Bakterien im Darm häufig ungünstig verändert. Bisher konnten Forscher zwar nicht nachweisen, ob die Ursache bei den Darmbakterien liegt oder die gestörte Darmflora nur Folge der Erkrankungen ist. Trotzdem liegt es nahe, dass wir selbst alles tun, um unsere Darmbakterien bei ihren Aufgaben zu unterstützen und so zu unserem Wohlbefinden beizutragen.

Ohne Darmbakterien könnten wir nicht überleben

Mikroorganismen befinden sich überall und zwar nicht nur in der Umwelt, sondern auch in und auf deinem Körper. Was zunächst befremdlich klingt, ist für den Menschen in Wahrheit überlebenswichtig: Diese Mikroben unterstützen deinen Organismus auf vielfältige Weise, zum Beispiel, indem sie schädliche Einflüsse abwehren oder bei der Energiegewinnung helfen.

Die Gesamtheit der Mikroorganismen in und auf unserem Körper nennen Experten Mikrobiom oder Mikrobiota. Dieses Mikrobiom umfasst Bakterien, Viren, Pilze und andere Mikroorganismen, die sich auf unserer Haut, im Mund und Darm tummeln. Besonders hoch ist ihre Dichte im Dickdarm und bei den meisten der dort ansässigen Mikroben handelt es sich um Bakterien.

Ihnen kommt auch eine bedeutende Rolle zu, wenn es um den Einfluss auf die Gesundheit geht: Die Darmbakterien befinden sich in einem empfindlichen Zusammenspiel mit unserem Körper und sind daher für Forscher besonders interessant. Auch wenn diese den Einfluss der Darmbakterien auf den menschlichen Organismus noch nicht allumfassend klären konnten, gibt es mittlerweile deutliche Hinweise auf die schädlichen Auswirkungen, die ein Ungleichgewicht unseres Darm-Mikrobioms haben kann.

Warum Experten lieber von Mikrobiom sprechen als von Darmflora

Statt mit dem Begriff Mikrobiom bist du wahrscheinlich eher mit dem Terminus Darmflora vertraut, wenn es um die Mikroorganismen in unserem Darm geht. „Darmflora“ gilt bei Fachleuten heute jedoch als veraltet. Schließlich bezieht sich der Begriff Flora vor allem auf die Pflanzenwelt, während sich im Darm Mikroorganismen wie Pilze und Viren tummeln, die man nicht zu den Pflanzen zählt.

Experten sprechen daher von Darm-Mikrobiom oder -mikrobiota. Dennoch kommt der Begriff Darmflora weiterhin häufig zum Einsatz, auch weil er sich mittlerweile in der Alltagssprache festgesetzt hat und obwohl der Begriff „Flora“ eigentlich der am wenigsten treffende Begriff ist, weil ausgerechnet Pflanzenzellen nicht zu unserem Mikrobiom gehören.

Wusstest du, dass das Mikrobiom eines jeden Menschen so einzigartig ist wie seine DNA oder sein Fingerabdruck? Die Zusammensetzung ist individuell verschieden und es gibt sie so auf der ganzen Welt nur einmal.

So besiedeln Darmbakterien unseren Körper

Während sich ein Baby im Bauch der Mutter noch in einer nahezu sterilen Umgebung befindet, beginnt die Besiedelung mit Mikroben und damit die Bildung des kindlichen Mikrobioms während der Geburt. Kommt ein Kind natürlich auf die Welt, wird es schon im Geburtskanal Milliarden der mütterlichen Mikroorganismen ausgesetzt. Hinzu kommen Bakterien durch den Kontakt mit der Umwelt sowie durch die Nahrung. Nach etwa zwei Jahren hat der kleine Mensch so sein ganz individuelles Mikrobiom entwickelt.

Darmbakterien: Zwei ältere Menschen machen Yoga

Der Mensch hat etwa 100 Billionen Mikroorganismen im Körper

Ab diesem Zeitpunkt leben in und auf dem Körper etwa 100 Billionen Mikroorganismen. Unglaublich: Allein die Anzahl der Bakterien im Darm übersteigt die unserer Körperzellen schätzungsweise um das Zehnfache! Wie viele Arten von Bakterien den Darm bevölkern, ist allerdings nicht abschließend geklärt. Ergebnisse von Untersuchungen gehen mit 300 bis 5.000 Darmbakterienarten doch recht weit auseinander.

Im Dickdarm kommen vor allem Bakterien mit den Namen

  • Bacteroides,
  • Porphyromonas,
  • Bifidobacterium,
  • Lactobacillus und
  • Clostridium vor.

Gibt es gute und schlechte Darmbakterien?

Zunächst einmal kennen wir Bakterien aus dem Alltag oft als Übeltäter, die uns krank machen und vor denen wir uns schützen müssen. Von den guten Mikroorganismen, beispielsweise in unserem Darm, bekommen wir schließlich weitaus weniger mit. Sie verrichten ihre Arbeit im Stillen.

Darmbakterien erfüllen häufig folgende Aufgaben:

  • Neutrale Mikroben sind harmlos und nehmen einfach nur Platz weg.Allein das wirkt sich positiv auf den menschlichen Organismus aus, denn potenziell schlechte Darmbakterien können sich so nicht ausbreiten.
  • Daneben gibt es Darmbakterien, die besonders günstig für uns sind, zum Beispiel weil sie das Immunsystem unterstützen, indem Sie unsere Abwehrkräfte trainieren
  • Viele Bakterien unterstützen uns bei der Verdauung. Das heißt, sie spalten bestimmte Nahrungsbestandteile auf oder produzieren selbst Vitamine (z. B. Vitamin K)

Unseren Darm bevölkern aber auch potentiell schädliche Bakterien. Pro einer Million harmloser bzw. nützlicher Bakterien kommt auch in einer normalen Darmflora ein krankmachender (pathogener) Keim vor. Erst wenn die Darmflora, oder besser: das Darm-Mikrobiom, in ein Ungleichgewicht gerät und sich schlechte Darmbakterien wie Clostridium difficile unkontrolliert ausbreiten können, drohen Krankheiten.

Umso wichtiger also, die guten Darmbakterien zu unterstützen! Wie das geht, erfährst du jetzt.

So schützen Darmbakterien unsere Gesundheit

Die beiden wichtigsten Funktionen nehmen Darmbakterien für unsere Abwehrkräfte und unseren Stoffwechsel ein.

Darmbakterien und Immunsystem:

Bakterien schützen den Körper gleich auf mehrfache Weise vor schädlichen Einflüssen. Zum Einen lassen sie eindringenden und potenziell schädlichen Keimen durch ihre bloße Anwesenheit weder Platz noch Nährstoffe, um sich auszubreiten.  

Zum Anderen gibt es Bakterien im Darm, die direkt mit unserem Immunsystem zusammenarbeiten, um Krankheitserreger aktiv zu bekämpfen. Sie produzieren Abwehrstoffe gegen Eindringlinge, sodass diese sich weder ansiedeln noch vermehren können.

Zeichnung über Laune und Darm

Deine Laune wirkt sich auch auf deinen Magen aus, andersrum genauso.

Drittens fungieren Darmbakterien sozusagen als Sparringspartner für die Immunabwehr: Das Immunsystem erkennt sie als Fremdkörper, sodass die Abwehrkräfte permanent für den Ernstfall trainieren: Die Abwehrkräfte sind so jederzeit bereit, bei Bedarf schnell zu reagieren und etwa Fresszellen zu entsenden oder Antikörper zu produzieren.

Darmbakterien und Stoffwechsel:

Bestimmte Bakterien im Dickdarm schlüsseln Nahrungskomponenten auf, die auf ihrem vorherigen Weg durch den Verdauungstrakt nicht aufgespalten werden konnten. Auf diese Weise produzieren Darmbakterien beispielsweise kurzkettige Fettsäuren, die sich auf die Immunabwehr auswirken, guten Darmbakterien als Nahrung dienen sowie das Wachstum und die Differenzierung der Schleimhautzellen im Dickdarm fördern können. Des Weiteren sind unsere Darmbewohner fähig, Vitamin K und Folsäure herzustellen und unserem Körper bereitzustellen.

Wie hängen Darmbakterien mit bestimmten Krankheiten zusammen?

Forscher haben herausgefunden, dass sich das Darm-Mikrobiom eines gesunden Menschen in der Zusammensetzung von dem eines kranken mitunter stark unterscheiden kann. Zwar konnten noch nicht alle Zusammenhänge geklärt werden, aber es gibt deutliche Hinweise darauf, dass Darmbakterien die Entstehung von bestimmten DarmbeschwerdenÜbergewicht oder Krebs beeinflussen. Sogar auf die Psyche scheinen Darmbakterien eine Wirkung zu haben und beispielsweise das Auftreten von Depressionen oder Angsterkrankungen mitzubestimmen.

Übergewicht:

Bakterien steuern mit ihren Stoffwechselprodukten viele Prozesse in unserem Körper. Unter anderem produzieren sie bestimmte Botenstoffe (Hormone), die von uns aufgenommen werden und sich über das Blut im ganzen Körper verbreiten. Einige Darmbakterien können zum Beispiel ein Hormon aussenden, das unserem Gehirn das Signal zur Sättigung gibt.

Andere scheiden Substanzen aus, die dem Hungerzentrum bedeuten, immer weiter zu essen. Damit können die Bakterien nicht nur steuern, ob und wie viel Hunger beziehungsweise Appetit wir verspüren, sondern sie können unserem Gehirn sogar signalisieren, was wir essen wollen.

Dadurch könnten sich Darmbakterien auf das Körpergewicht auswirken. Darauf deutet zumindest ein Fall hin, bei dem das Darm-Mikrobiom eines gesunden, aber übergewichtigen Spenders in einen schlanken Menschen transplantiert wurde und dieser daraufhin ebenfalls Übergewicht entwickelte. Auch der umgekehrte Effekt ist möglich. Erfahre in diesem Digestio-Artikel, welche Rolle Darmbakterien beim Abnehmen spielen.

Metabolisches Syndrom:

Falsche Ernährung (überwiegend zucker- und fettreiche Lebensmittel wie Fast Food und Süßigkeiten) kann das Darm-Mikrobiom verarmen lassen. Wenn die Bakterienvielfalt abnimmt, werden auch die oben erwähnten Stoffwechselfunktionen mitunter nicht mehr in gewünschter Weise vollzogen. Neben der falschen Ernährung könnte das einen weiteren Faktor für die Entwicklung des Metabolischen Syndroms bedeuten.

Diese Kombination aus stoffwechselbedingten Krankheitsbildern wie starkem Übergewicht, gestörtem Fettstoffwechsel, erhöhtem Blutzuckerspiegel sowie Bluthochdruck gilt als häufige Vorstufe von Typ-2-Diabetes und Herzerkrankungen. Neben diesen Erkrankungen gibt es noch weitere Beschwerden, die womöglich von unseren Darmbakterien beeinflusst werden.

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen: 

Es gibt Anzeichen dafür, dass Betroffene von Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa weniger Darmbakterien mit anti-entzündlichen Eigenschaften besitzen. Manche Experten gehen außerdem davon aus, dass bestimmte Bakterien den Körper dazu bringen, den eigenen Darm anzugreifen. Gänzlich konnten diese Zusammenhänge aber noch nicht geklärt werden.

Depression, Angsterkrankungen, Autismus: 

Unser Darm verfügt über 100 Millionen Nervenzellen, die über Botenstoffe wie Serotonin und Dopamin mit unserem Gehirn kommunizieren. Dieses Zusammenspiel wird als Darm-Hirn-Achse bezeichnet. Auch Darmbakterien produzieren Stoffe, die für den Austausch zwischen den beiden Organen notwendig sind. Forscher vermuten, dass sie daher eine wichtige Rolle spielen, wenn es um die Entstehung von Erkrankungen des zentralen Nervensystems – etwa Depression, Angsterkrankungen oder Autismus – geht.

So weist das Mikrobiom von depressiven Menschen häufig andere Bakterienarten auf als das von gesunden. Mehr über den Zusammenhang von Darmbakterien und Depression erfährst du in unserem Artikel zum Thema.

Darmkrebs: 

Auch bei manchen Betroffenen von Darmkrebs konnten Forscher eine veränderte Zusammensetzung der Darmmikrobiota feststellen. Aus den bisher vorhandenen Erkenntnissen lassen sich jedoch noch keine genauen Rückschlüsse ziehen, ob die Darmbakterien bei der Entstehung von Krebs eine Rolle spielen – und wenn ja, welche.

Experten vermuten eine Reihe weiterer Erkrankungen, die durch Darmbakterien mitbestimmt werden könnten. Dazu zählen: 

  • Rheumatoide Arthritis und andere Autoimmunerkrankungen
  • Reizdarm
  • Atopische Erkrankungen wie allergisches Asthma oder Neurodermitis

Wenn die Zusammenhänge zwischen dem menschlichen Mikrobiom und der Entstehung von bestimmten Krankheiten auch in vielen Fällen noch nicht gänzlich geklärt sind, legen die derzeitigen Erkenntnisse doch eines nahe: Wir sollten möglichst versuchen, unsere Darmflora – also das Mikrobiom im Darm – im Gleichgewicht zu halten. So können wir offenbar einen sehr wichtigen Beitrag zur Prävention von Erkrankungen leisten.

Wie können wir auf unsere Darmbakterien Einfluss nehmen?

Wie wir gesehen haben, scheinen sich manche Krankheiten auf ein Ungleichgewicht der Mikrobiota im Darm zurückführen zu lassen. Diesen Krankheiten können wir mitunter vorbeugen, indem wir die guten Darmbakterien fördern, damit diese wiederum den schlechten Einhalt gebieten.

Drei wichtige Faktoren dafür sind

  • eine ausgewogene Ernährung,
  • Stressreduktion sowie
  • der Verzicht auf die unnötige Aufnahme von Antibiotika. Das betrifft nicht nur medizinische Behandlungen (hier gilt es beispielsweise zu beachten, Antibiotika nicht gegen Viruserkrankungen einzusetzen, da sie nur bei bakteriellen Infektionen helfen), sondern auch den Konsum von tierischen Produkten, die unter Antibiotika-Einsatz hergestellt wurden.
    Diese Ernährung schmeckt auch deinen Darmbakterien

Die größte Stellschraube, die uns tagtäglich zur Verfügung steht, ist sicherlich die Ernährung: Sie bestimmt maßgeblich, was unsere Darmbakterien zu essen bekommen. Hier solltest du vor allem auf eine ballaststoffreiche Kost achten, also viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukte essen. Ballaststoffe sind unverdauliche Faserstoffe, die unseren Darmbakterien jedoch als Nahrung dienen. Solche Lebensmittel werden Präbiotika genannt.

Ein Holzlöffel voller Leinsamen, die eine gesunde Verdauung fördern

Es gibt Nahrungsmittel, welche wertvolle Mikroorganismen enthalten.
Neben den Präbiotika gibt es die sogenannten Probiotika: Das sind Nahrungsmittel, die selbst wertvolle Mikroorganismen enthalten. Sie können unsere Darmflora zwar nicht komplett verändern, aber sehr wohl unterstützen. In diesem Digestio-Artikel erfährst du mehr über Probiotika und welche Rolle sie für die Darmgesundheit spielen.

Wie Darmbakterien deine Gesundheit beeinflussen

Das Mikrobiom im Darm besteht aus unterschiedlichen Mikroorganismen. Eine große Bedeutung kommt jedoch den Bakterien zu, denn sie bestimmen unsere Gesundheit maßgeblich mit. Ist die Darmflora im Gleichgewicht, verrichten die Darmbakterien ihre Arbeit meist unbemerkt.

Ihre wichtigsten Funktionen bestehen dabei im Schutz des Immunsystems und in der Unterstützung der Verdauung. Gerät die Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms allerdings aus dem Lot, indem etwa die Anzahl der guten Darmbakterien zugunsten der schlechten abnimmt, drohen verschiedene Krankheiten.

Zwar sind sich Forscher noch nicht über alle Zusammenhänge gänzlich im Klaren, doch besteht der Verdacht, dass Darmbakterien die Entwicklung von Übergewicht, Herzkrankheiten, Diabetes, Depression, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, Angstzuständen, Autismus und sogar Darmkrebs mitgestalten.

Wir können vor allem durch unsere Ernährung versuchen vorzubeugen – indem wir den guten Darmbakterien genau die Nahrung zuführen, die ihnen am besten schmeckt (Präbiotika).

Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie du deine Darmflora aufbaust und deinen Darm in Schwung bringst, legen wir dir diesen Artikel ans Herz.


Medizinisch geprüft durch
Dr. rer. nat. Dinah Murad 

Dr. Dinah Murad fungiert als unabhängige medizinische Beraterin an der Schnittstelle von Wissenschaft und Marketing. Darmgesundheit ist für sie ein unterschätztes, aber überaus wichtiges Thema. Sie verantwortet die medizinische Prüfung aller Inhalte für unsere Leser.

Geschrieben von
Silke Stadler  

Silke Stadler war stellvertretende Redaktionsleiterin bei verschiedenen Gesundheitsportalen und ist ausgebildete Ernährungsberaterin. Heute ist sie als Online-Redakteurin für den Klinikkonzern MEDICLIN tätig und gehört von Beginn an zum festen Autorenteam von Digestio. 

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