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Unser Darm ist weitaus mehr als nur ein Teil des Verdauungstrakts. In seinem Inneren beherbergt er verschiedene Mikroorganismen, die zusammen als Mikrobiom im Darm den gesamten Körper beeinflussen. Wie dieses Mikrobiom mit psychischen Erkrankungen zusammenhängen kann, erfährst du bei uns.

In diesem Artikel erfährst du

  • Was das Mikrobiom genau ist
  • Was die Mikrobiomforschung macht
  • Was hinter dem Begriff Darm-Hirn-Achse steckt
  • Warum wir ein zweites Gehirn besitzen
  • Was die erste große Studie der Mikrobiomforschung erforscht hat
  • Was das für psychische Erkrankungen bedeuten kann
  • Was diese Information für dich bedeuten kann
  • Wie du dein Mikrobiom im Darm unterstützen kannst
  • Wo du Hilfe findest

Das Mikrobiom und die Darm-Hirn-Achse

Der Darm ist ein faszinierendes Organ und seine Funktion beschränkt sich keineswegs nur auf die Verdauung. Nein, unser Darm hat vielfältige Aufgaben und Bereiche, die er aktiv beeinflusst. So gelangt die medizinische Forschung immer wieder zu neuen Erkenntnissen über das Zusammenspiel in unserem Körper. Federführend ist dabei die sogenannte Mikrobiomforschung, die sich als eigenständiger noch recht junger Forschungsbereich aus der Molekularbiologie gebildet hat. 

Der Begriff Mikrobiom bezeichnet die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die den Menschen besiedeln. Forschungsgegenstand sind der Einfluss und die Auswirkung, die das Mikrobiom auf verschiedene Erkrankungen des Menschen haben kann.

Genau solch ein Zusammenspiel ist die Darm-Hirn-Achse. Vereinfacht ausgedrückt kann man sagen, dass wir alle in unserem Darm ein „zweites Gehirn haben. Natürlich kein exaktes Duplikat des eigentlichen Gehirns, sondern über 100 Millionen von Nervenzellen, die als Nervengeflecht zwischen den einzelnen Muskelschichten liegen. Diese sind über weitere Nervenbahnen mit unserem Gehirn verbunden. Über Botenstoffe wie Serotonin und Dopamin steht das Darmgehirn mit dem Gehirn im ständigen Austausch. Das „zweite Gehirn“ wird in Fachkreisen als Enterisches Nervensystem (ENS) bezeichnet und ist ein Teil des Peripheren Nervensystems.

Das „zweite Gehirn“ im Darm kann großen Einfluss auf uns nehmen und etwa entscheiden, ob wir Appetit haben oder ob wir satt sind. Das ist natürlich nahe liegend, da der Darm zum Verdauungsapparat gehört. Doch der Darm kann außerdem starkes Verlangen auslösen und auch Suchtverhalten erzeugen. Besonders interessant ist sein Einfluss auf unsere Stimmung. Manche Forscher glauben, dass durch die unterschiedliche Darmflora beeinflusst werden kann, ob ein Mensch eher extrovertiert ist oder zurückhaltend oder gar melancholisch. Mehr dazu erfährst du in unserem Video:

Doch was ist diese Darmflora genau? Darmflora ist der veraltete Ausdruck für die mehr als 1000 verschiedenen Arten von Mikroorganismen, die den Magen-Darm-Trakt von der Mundhöhle bis zum Dickdarm besiedeln. Zu diesen Mikroorganismen zählen Bakterien, Pilze, Viren und andere Einzeller. Heute hat sich in der Medizin der Ausdruck Darmmikrobiota durchgesetzt. Dieser bezieht sich auf die Gesamtheit aller im Darm vorkommenden Mikroorganismen und ist von Mensch zu Mensch verschieden. Jeder Mensch hat eine individuelle Zusammensetzung.

Manchmal wird der Begriff Mikrobiom als Synonym für Darmmikrobiota genutzt. Jedoch kann man diesen Begriff auch für das Mikrobiom deines gesamten Körpers nutzen, sprich alle Bakterien, etwa die der Haut oder deiner Schleimhäute. Falls du dich noch ausführlicher mit dem Thema auseinandersetzen möchtest, ist unser Beitrag Bauch mit Hirn: Was ist das Mikrobiom? interessant für dich.

Sind Darmbakterien schuld an Depressionen?

Die Mikrobiomforschung hat erst seit dem letzten Jahrzehnt stark an Fahrt aufgenommen und so ist noch nicht sehr viel bekannt über die Zusammenhänge zwischen Psyche und Darm, aber es gibt weltweit verschiedene Forscherteams, die sich mit dem Einfluss des Mikrobioms beschäftigen.

So wurde die Vermutung, dass der Stoffwechsel der Mikroorganismen im Verdauungstrakt die Balance von Hirnbotenstoffen negativ beeinflussen kann, durch ein Forscherteam aus Belgien und den Niederlanden überprüft. Diese Studie gilt als erste große Studie der Mikrobiomforschung zur psychischen Gesundheit. Es gibt noch andere Studien, die jedoch nur mit Tieren durchgeführt wurden, sodass die Übertragbarkeit auf den Menschen noch unklar ist.

Für eine große Studie wurde das jeweilige Mikrobiom von rund 1000 Probanden mit diagnostizierter Depression untersucht. Im Verdauungstrakt der Probanden konnten die Forscher feststellen, dass die zwei Bakteriengattungen Coprococcus und Dialister seltener vorkamen als in einer Vergleichsgruppe. Ein Zusammenhang mit Ernährung oder Nebenwirkung von Medikamenten konnte ausgeschlossen werden.

Das Team kam daher zum Ergebnis, dass es tatsächlich Hinweise darauf gibt, dass bestimmte Bakterienspezies durch ihre Stoffwechselprodukte den Hormonhaushalt im Gehirn durcheinanderbringen können. Das wiederum kann die psychische Gesundheit des Menschen beeinflussen.

Frau sitzt auf dem Bett und massiert ihre Schläfen.

Es gibt Hinweise darauf, dass die psychische Gesundheit durch bestimmte Bakterienspezies beeinflusst werden kann.

Dieses Ergebnis ist zwar interessant, aber man sollte daraus zunächst keine allgemeinen Regeln ableiten. Denn es ist nicht nachgewiesen, dass der Mangel an bestimmten Bakterien zu einer Depression führt. Es wurde lediglich in einer Studie festgestellt, dass bei depressiven Menschen diese zwei benannten Bakterienarten in geringerer Zahl vorkamen.

Doch das gesamte Thema rund um das Mikrobiom gewinnt deutlich an Relevanz, denn der Einfluss vom Darm in der Therapie von psychischen Erkrankungen wird in medizinischen Fachkreisen diskutiert.

Was wissen wir also rund um die Mikrobiota im Darm?

  • Die Mikrobiota im Darm stehen über das Darmnervensystem und seine zahlreichen Botenstoffe, wie zum Beispiel Serotonin und Dopamin mit dem Gehirn in Verbindung.
  • Darmbakterien kommunizieren mit unserem Nervensystem, Immunsystem und Hormonsystem.
  • So kann der Darm beeinflussen, ob wir Appetit haben oder satt sind, er kann Suchtverhalten steuern, Lernen verbessern und auch die Stimmung beeinflussen, denn: Bakterien im Darm bilden wichtige Hirnbotenstoffe.
  • Bestimmte Darmbakterien sind in der Lage, den Neurotransmitter Serotonin zu synthetisieren. Es wird geschätzt, dass sich 95% unseres Serotonins im Darm befinden. Serotonin ist unter anderem bekannt für seinen Einfluss auf positive Glücksgefühle.

Das sind schon ziemlich viele Informationen, doch was kannst du mit diesen anfangen? Leider können aus dem aktuellen Stand der Forschung keine kausalen Schlüsse gezogen werden, daher kann man dazu allgemein sagen, dass du deinen Darm dabei unterstützen kannst, seine vielfältigen Aufgaben bestmöglich auszuführen. Dazu zählt beispielsweise eine psychobiotische Ernährung, die dein Wohlbefinden allgemein steigern kann.

Diese psychobiotische Ernährung soll die Bakterien fördern, die unserem Gehirn gut tun. Diese Bakterien werden auch als Psychobiotika bezeichnet. Andere Bakterien, die dem Darm wohlbekommen, werden Probiotika genannt und können auch mit der Nahrung aufgenommen werden, etwa durch fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut oder Joghurt. Damit diese im Darm dann auch Nahrung finden, kannst du sogenannte Prebiotika mit ballaststoffreicher Nahrung aufnehmen. Dazu gehören Lebensmittel, wie etwa Banane, Brokkoli, Knoblauch und Zwiebeln.

Außerdem solltest du darauf achten, immer ausreichend Flüssigkeit zu dir zu nehmen, denn auch zu wenig trinken kann deiner Psyche schaden.

Weißer Topf mit Sauerkraut auf einem Holztisch.

Sauerkraut enthält wichtige Probiotika, die deinem Darm gut tun.

Leider ist es nicht so, dass du durch eine Ernährungsumstellung psychische Krankheiten heilen kannst. Zumindest fehlen dazu bisher die nötigen gesicherten Erkenntnisse. Das Darmmikrobiom ist lediglich ein Faktor, der zusammen mit vielen anderen Komponenten dein allgemeines Wohlbefinden beeinflussen kann. Hier ist es wichtig, dass du dich bei einem Verdacht auf eine psychische Erkrankung an eine Vertrauensperson wendest. Falls du einen empathischen Hausarzt hast, ist dieser eine gute Anlaufstelle, um erste Befürchtungen zu klären und weitere Schritte zu besprechen. Eine weitere Anlaufstelle bietet die Stiftung Deutsche Depressionshilfe unter anderem mit dem Info-Telefon Depression 0800 / 33 44 533.

Darm und Depressionen

Unser Darm überrascht immer wieder, denn für viele ist er eigentlich nur ein Teil des Verdauungstrakts. Dabei stehen die Darmbakterien in Kommunikation mit unserem Gehirn. Das Bakteriengleichgewicht im Darm hat dadurch Einfluss auf bestimmte Prozesse in unserem Körper. Damit beschäftigt sich die Mikrobiomforschung.

Eine neuere Studie in dieser Forschung hat gezeigt, dass depressive Menschen im Vergleich zu gesunden Menschen eine andere Zusammensetzung von Bakterienarten im Darm aufweisen. Daraus können Hinweise zwischen dem Bakteriengleichgewicht in unserem Darm und unserer psychischen Verfassung abgeleitet werden.

Doch der aktuelle Forschungsstand rund um Darm und Psyche lässt noch keine kausalen Schlüsse zu. Diese Studie kann jedoch die Grundlage werden, um entsprechende weitere Forschungen in diese Richtung anzuregen.

Du kannst deinen Darm bei seinen vielfältigen Aufgaben unterstützen kannst, etwa durch eine gute und ausgewogene Ernährung. Wenn du dazu mehr erfahren möchtest, lies unsere Beiträge Probiotika: Was ist das und wie hilft es meinem Darm? und Wie Probiotika deine Darmflora und dein Immunsystem stärken können.


Medizinisch geprüft durch
Dr. rer. nat. Dinah Murad 

Dr. Dinah Murad fungiert als unabhängige medizinische Beraterin an der Schnittstelle von Wissenschaft und Marketing. Darmgesundheit ist für sie ein unterschätztes, aber überaus wichtiges Thema. Sie verantwortet die medizinische Prüfung aller Inhalte für unsere Leser.

Geschrieben von
Kia Korsten 

Kia Korsten gehört seit Beginn zum festen Autorenteam von Digestio. Sie machte ihr Abitur an einem biotechnologischen Gymnasium und absolvierte anschließend ein Redaktionsvolontariat beim ganzheitlichen Gesundheitsmagazin "natürlich gesund und munter". Heute ist sie unter dem Namen Korsten kreativ als freie Redakteurin und PR-Beraterin selbstständig.

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