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Der Darm als zweites Gehirn im Körper – diese Erkenntnis wird durch wissenschaftliche Studien immer weiter erforscht und untermauert. Deine Darmflora – medizinisch korrekt das Mikrobiom – trägt wesentlich zu deiner Gesundheit und auch zu deinen Emotionen bei. Durch Achtsamkeit kannst du deinen Magen und Deinen Darm schützen, Stress reduzieren und gesünder leben
In diesem Artikel erfährst Du:
- Was das Bauchhirn ist und wie es funktioniert
- Was deinen Darm stresst und wie du Stress vermeiden kannst
- Warum sich Achtsamkeit positiv auf Deinen Darm auswirken kann
- Wie du Achtsamkeit in deinen Alltag und deine Ernährung integrierst
„Schmetterlinge im Bauch“, „ein Bauchgefühl haben“ oder „aus dem Bauch heraus handeln“ – diese Begriffe kennt jeder. Dass der Magen-Darmbereich für mehr zuständig ist als die Verdauung, haben Wissenschaftler schon lange vermutet. Studien zeigen nun, dass der Darm in ständigem Austausch mit dem Gehirn ist und sogar über ein ausgeprägtes eigenes Nervennetzwerk verfügt. Kein Wunder, dass unser Verdauungsorgan mittlerweile als „zweites Gehirn“ bezeichnet wird.
Mehr als 100 Millionen Nervenzellen ziehen sich durch die Darmwand – es ist das enterische Nervensystem (ENS). Sie sorgen dafür, dass dein Darm durchblutet wird, sich bewegt und verdaut. Ist dein Körper gestresst, reduzieren sie den Verdauungsprozess. Für die schnelle Reaktion auf eine drohende Gefahr wird die Verdauung nicht benötigt - ein Erbe unserer Vorfahren als Jäger und Sammler.
Übermittelt wird der Zustand deines Darms an dein Gehirn über den Vagusnerv eine Art direkte Nervenautobahn, die deshalb auch Darm-Hirn-Achse genannt wird. Lange Zeit sind Forscher davon ausgegangen, dass unser Gehirn maßgeblich die Kommunikation mit dem Darm steuert. Inzwischen steht fest, dass 90 Prozent der Informationen vom Darm in Richtung Gehirn gehen und nur zehn Prozent vom Gehirn in Richtung Darm.
Bist du gestresst, wird auch das wechselseitig gemeldet und in deinem Darm verändern sich verschiedene Dinge. Trotz reduzierter Verdauung kann es sein, dass sich dein Darm stärker bewegt. Du kennst sicher das „Bauchblubbern“, wenn du nervös bist oder Angst vor etwas hast. Der Grund: Es gelangen mehr Wasser und Elektrolyte in deinen Darm.
Das kann sich nicht nur unangenehm anfühlen und Bauchschmerzen verursachen. Bekannt ist auch der sogenannte Angstdurchfall, der durch punktuellen Stress ausgelöst wird. Steht deine Psyche längerfristig unter Druck und Stress, kann das in deinem Darm das Gegenteil auslösen. Er reduziert bei Stress die Eigenbewegung. Die Folge kann Verstopfung sein.
Ein wichtiger Bestandteil in deinem Bauchhirn ist die Darmflora – das Mikrobiom. Es besteht aus verschiedenen Mikroorganismen und Bakterienarten wie Laktobazillen oder Bifidobakterien. Das können bis zu 100 Billionen sein. Das Gesamtgewicht der Bakterien in deinem Darm liegt bei rund zwei Kilogramm. Kein Wunder – immerhin hat der Darm eine Gesamtfläche von rund 400 Quadratmetern!
Die Darmflora sorgt nicht nur dafür, dass dein Darm bestmöglich funktioniert. Sie verhindert auch das Eindringen von Schadstoffen oder Krankheitserregern durch die Darmwand ins Blut. So wird dein Körper geschützt und auch für dein Immunsystem im Darm sind die Bakterien verantwortlich.
Zudem ist deine Darmflora für deine Stimmungslage zuständig. In deinem Mikrobiom werden die Bausteine für Botenstoffe wie Dopamin oder Serotonin aus der Nahrung gebildet. Diese Neurotransmitter sind wichtig für deine Psyche. Nicht von ungefähr wird Serotonin auch als das Glückshormon bezeichnet.
Inzwischen gehen wissenschaftliche Studien davon aus, dass rund 90 Prozent des körpereigenen Serotonins im Darm produziert werden. Bist du gestresst, kann sich die Menge der „guten“ Bakterien in deinem Darm reduzieren. Dadurch geht die Basis für die Bildung von Botenstoffen zurück. Das betrifft auch die Aminosäure Gaba. Dieser Neurotransmitter wirkt beruhigend auf dein Nervensystem. Ist er nicht ausreichend vorhanden, wird dein Stress noch größer.
Doch was löst überhaupt Stress in deiner Psyche, deinem Körper und deinem Darm aus? Während unsere Vorfahren sich mit Kälte, Hunger, Gefahr oder Verletzungen auseinandersetzen mussten, gibt es heutzutage ganz andere Stressfaktoren:
- Ungesunde Ernährung
- Zu wenig Bewegung
- Unzufriedenheit, Sorgen, Zukunftsängste
- Leistungs- und Termindruck
- Multitasking
- Ständige Erreichbarkeit durch die Digitalisierung
- Zu wenig Erholung
- Private und berufliche Konflikte
- Zu hohe Ansprüche an sich selbst
Schlagen deine Lebensart und dein Lebensstil auf deine Darmgesundheit, kannst du das an verschiedenen Symptomen erkennen. So kann es sein, dass du vermehrt den Drang verspürst, auf Toilette zu gehen. Es kann zu Blähungen, Bauchschmerzen, Völlegefühl oder Durchfall kommen. Hält der Stress an, kann ein Reizdarm die Folge sein.
Das stressbedingte Ungleichgewicht zwischen dem aktivierenden und dem beruhigenden Nervensystem im Darm ist nach Forscheransicht der Grund dafür. Äußere Einflüsse werden deshalb von Betroffenen schneller als Störung wahrgenommen. Der nervöse. gereizte Darm reagiert mit Verdauungsbeschwerden. Es kann zu einer Entzündung der Darmwand kommen.
Warum kann Achtsamkeit bei Darmbeschwerden helfen?
Um etwas für deine Darmgesundheit zu tun, spielt nicht nur die richtige Ernährung eine wichtige Rolle. Auch die Achtsamkeit – das Prinzip der Mindfulnes kann dir dabei helfen. Begründet hat das Konzept der US-amerikanische Molekularbiologe Jon Kabat-Zinn. Bereits 1979 hat er damit Erkenntnisse aus der Medizin und Grundlagen des Zen-Buddhismus vereint.
Sein Ziel war, Patienten mit Schmerzen zu helfen. Auf der Basis von Meditation, Yoga, Entspannung und der Konzentration auf den Moment ist so ein Programm für Stressabbau entstanden. Ein Bestandteil der Mindfulness Based Stress Reduction (MBSR) ist der sogenannte Bodyscan – eine 30-minütige Meditation, um bewusst mit seinem Körper in Kontakt zu treten und den Zustand abzurufen.
Im Kern geht es bei den Übungen darum, sich intensiv auf den Moment einzulassen, in Gedanken nicht abzuschweifen und Situationen nicht zu bewerten. Durch die entspannte Wahrnehmung im Hier und Jetzt sollen Vergangenheitszweifel und Zukunftssorgen ausgeblendet werden.
Negative Gedanken entstehen gar nicht erst und damit auch kein Stress. Angewandt wird Mindfulness inzwischen auch zur Stressbewältigung in Unternehmen und in der Psychotherapie bei der kognitiven Verhaltenstherapie.
Für deinen Darm kann Achtsamkeit eine Entlastung sein. Durch mehr Aufmerksamkeit
- lässt du dir Zeit beim Essen und genießt deine Mahlzeit, ohne an etwas anderes zu denken. Du nimmst Gerüche, Farben und Geschmack intensiv wahr und kaust länger. Dadurch bereitest du deine Bissen besser auf die Verdauung im Magen-Darmtrakt vor.
- wirst du insgesamt ruhiger. Stresshormone wie Cortisol oder Adrenalin werden nicht unnötig ausgeschüttet. Dein Körper wird nicht in Alarmzustand versetzt. Dein Darm kann normal arbeiten und verdauen.
- pflegst du deine Darmflora – das Mikrobiom. Stress reduziert die nützlichen Bakterien in deinem Darm, die für wichtige Botenstoffe wie Serotonin als Glückshormon oder beruhigendes Gaba zuständig sind. Die Darmwand ist weniger geschützt und kann durchlässig für Pilze, Krankheitserreger oder Schadstoffe werden.
Achtsamkeit lässt sich in deinem Leben und deinem Alltag recht einfach in die Praxis umsetzen. Neben der Möglichkeit, einen achtwöchigen Achtsamkeitskurs nach der Methode von Kabat-Zinn zu machen, kannst du selber tägliche Situationen in Übungen für Achtsamkeit verwandeln:
- Statt morgens aus dem Bett zu springen, bleibst du noch ein paar Minuten liegen, atmest bewusst, lauscht in deinen Körper hinein
- Statt Duschen nur als Funktion zu sehen, kannst du das warme Wasser auf deiner Haut genießen, die Wassertropfen beim Abperlen an der Wand beobachten, tief einatmen, Dich auf deinen Tag freuen
- Tee trinken wird zu Meditation: Du betrachtest das heiße Wasser beim Lauf auf den Teebeutel, atmest den aufsteigenden Duft des frischen Tees ein. Du siehst, wie sich das Wasser langsam verfärbt, fühlst mit deinen Händen die Wärme der Teetasse, bis du den ersten, wohltuenden Schluck nimmst und mit geschlossenen Augen intensiv genießt.
- Meditation beim Gehen: Statt einfach nur Strecke zurückzulegen, machst du jeden Schritt ganz bewusst und atmet im Rhythmus deiner Schritte tief ein und aus. Ein tiefe Ruhe und Konzentration auf den Moment stellt sich ein.
- Ärgern war gestern: Stehst du im Stau oder verpasst deinen Zug, nutzt du die Zeit für dich. Geschehen ist geschehen. Statt dich aufzuregen, siehst du dir die Menschen an, den Himmel, die Straße, riechst die Luft, hörst auf Gespräche, Straßengeräusche und Deinen Pulsschlag. Du bist im Hier und Jetzt.
Die achtsame Ernährung ist ein wesentlicher Punkt im gesunden Umgang mit deinem Darm. Dabei geht es nicht nur darum, was du isst, sondern vor allem auch, wie du wann und warum isst.
Im hektischen Alltag nehmen sich viele Menschen keine Zeit mehr fürs Essen. Sie essen im Gehen, im Stehen, telefonieren nebenbei oder sind mit einem Bildschirm beschäftigt. Wird aber das Essen nicht richtig wahrgenommen, kann dein Körper es nicht auch nicht richtig verdauen und verwerten.
Ruhe und achtsame Konzentration auf dein Essen verhindern, dass Stresssignale ausgelöst werden. Du sitzt an einem Tisch, lässt dir Zeit, genießt dein Essen Bissen für Bissen, nimmst deine Umgebung wahr und kaust mindestens 30 Mal, bevor du die Portion runterschluckst. Das ist wichtig für den weiteren Weg im Magen-Darm-Trakt.
In deinem Speichel ist das Enzym Amylase gelöst. Es spaltet die Kohlenhydrate aus deinem Essen in kleinere Einheiten auf. Je öfter du kaust, desto besser wird dein Essen auf die Verdauung vorbereitet. Du kannst Völlegefühl, Magendrücken und Verdauungsstörungen vermeiden. Deine Bauchspeicheldrüse gibt zum Beispiel auch Amylasen ab - in den Dünndarm für eine bessere Verdauung.
Die achtsame Auswahl deines Essens ist ebenfalls wichtig und gut für deine Gesundheit. Lebensmittel mit langkettigen Kohlenhydraten wie Vollkornprodukte sind für deinen Darm und deinen Körper besser als einfache Kohlenhydrate wie Weißmehlprodukte.
Der Grund dafür ist simpel: Dein Darm kann nur einfachen Zucker, die sogenannte Glucose, ins Blut weiterleiten. Er muss alle Zuckerarten dafür umbauen. Lieferst du ihm einfachen Zucker, geht der schnell uns Blut und wird ebenso schnell verwertet. Du bekommst also ziemlich bald wieder Hunger.
Lieferst Du deinem Körper und Deinem Darm hingegen langkettigen Zucker wie zum Beispiel Stärke aus Kartoffeln oder Vollkornreis, dann muss er diese Kohlenhydrate erst nach und nach zu einfachem Zucker umbauen. Die Aufnahme der Glucose als Energielieferant ins Blut erfolgt schrittweise und langsamer. Du bekommst nicht so schnell wieder Hunger und isst weniger.
Das ist ein wichtiger Punkt, falls du dein Gewicht reduzieren willst. Zum achtsamen Essen gehört auch, dass du dir überlegst, warum du eigentlich isst. Neben dem Hunger als Signal deines Körpers für die nötige Energiezufuhr gibt es auch andere Gründe wie
- Essen aus einem Anlass – beispielsweise beim Fernsehen
- Essen aus einem emotionalen Grund – weil du vielleicht frustriert bist
- Essen aus Gewohnheit – weil es gerade nebenbei passt
Zusammen mit der Auswahl deiner Lebensmittel und der Art wie du isst, können diese Punkte dazu führen, dass du mehr zu dir nimmst, als dein Körper benötigt. Da er nicht weiß, wohin damit, legt er den Zuckerüberschuss als Reserve in den wohlbekannten Fettpolstern an. Möchtest du dein Körpergewicht reduzieren, kann eine achtsame Ernährung also dafür nützlich sein.
Zusammengefasst kann Achtsamkeit für Magen und Darm:
- Positiv und zuversichtlich stimmen, da die Darmflora abhängig vom eigenen Stresspegel wichtige Botenstoffe wie das Glückshormon Serotonin produziert
- Durch mehr Zeit und Ruhe die Aufnahme von Essen und Nährstoffen verbessern
- Verdauungsstörungen wie Völlegefühl, Blähungen oder Reizdarm mindern oder verhindern
- Durch die Konzentration auf den Moment und bewussten Genuss den Stress reduzieren
- Mit Meditation, Atmung und Yoga zu einem besseren Körperbewusstsein und Entspannung führen
Durch eine ausgeglichene Darmflora – das Mikrobiom – für ein gute Immunabwehr im Darm und eine stabile Darmbarriere am Blutkreislauf als Schutz gegen Krankheitserreger und Schadstoffe sorgen.
Medizinisch geprüft durch
Dr. rer. nat. Dinah Murad
Dr. Dinah Murad fungiert als unabhängige medizinische Beraterin an der Schnittstelle von Wissenschaft und Marketing. Darmgesundheit ist für sie ein unterschätztes, aber überaus wichtiges Thema. Sie verantwortet die medizinische Prüfung aller Inhalte für unsere Leser.
Geschrieben von
Helmut Stapel
Helmut Stapel ist freier Journalist mit einem Schwerpunkt auf Wissenschaft, Ernährung, Sport und Gesundheit. Seine Erfahrungen als Triathlet fließen in seine Projekte ein. Unter anderem hat er ein Fitnessbuch für den größten europäischen Sportverlag geschrieben. Neben Medien wie DIE ZEIT oder GEO gehören auch Radiosender wie der Deutschlandfunk zu seinen Auftraggebern. Außerdem unterrichtet er an verschiedenen Universitäten und arbeitet international als Journalist im Bereich Gesundheit & Wellness. Seine Aufgabe bei Digestio sieht er darin, komplexe Inhalte möglichst einfach und unterhaltsam zu erklären.
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